Das Gift der Erwartungen

„Wenn er mich liebte, so wüsste er, dass ich dies und das so möchte!“
Diese wunderbare Aussage zeigt, was ich damit meine.
Menschen kommen zusammen und definieren sich nun als Paar, oder in Beziehung, als Lebenspartner, als Liebende.Doch was heisst das alles? Ist es ausgesprochen und definiert, was die einzelnen Ansichten und Bedürfnisse eines jeden sind?
Was heisst denn Liebe für jeden?
Etliche gehen davon aus, dass dies ja alles klar ist, weil sie nur ihr gewohntes Bild von romantischer Beziehung kennen, das ihnen zig Male von den Eltern, der Gesellschaft, Medien, Kultur und Religion vorgepredigt wurde.
Ebenso verhält es sich mit der Sexualität und welche Handlungen dazu gehören und welche nicht. „Mein Liebster ist ja so toll, er wird wissen wie er mich zum Orgasmus bringt“. Auch dies wieder so eine weit verbreitete Annahme, welche doch eher schneller als gewünscht als Irrtum aufgedeckt wird. Doch dies ist ein anderer Bereich, über welchen man gut einen eigenen Beitrag schreiben kann.

Menschen tendieren immer mehr zur Individualität und darum hat solches angenommenes „Allgemeinwissen“ in der Praxis keine Berechtigung mehr.
Es geht nun darum mit viel offener und ehrlicher Kommunikation heraus zu finden, was sind die Bedürfnisse des Anderen. Dies beinhaltet alle Belange der Beziehung und der Liebe, wie Nähe-Distanz, Zusammen-Zeit, Sexualität, Treue, Commitment…
Auch wichtig zu wissen ist, dass der Andere nicht für die Erfüllung der Bedürfnisse verantwortlich gemacht werden darf.
Erwartungen sind Bedürfnisse, die nicht ausgesprochen wurden und dessen Erfüllung dem Gegenüber als Pflicht aufgetragen werden.
Darin liegt das grosse Enttäuschungs- und Konfliktpotential. Wenn die Information der Bedürfnisse fehlt, kann niemand diese bewusst erfüllen. Und das Übertragen dieser Aufgabe als Pflicht zur Erfüllung an den Anderen ist eine Grenzüberschreitung.
Bist du denn deiner Bedürfnisse bewusst? Wo suchst du im Aussen etwas, was du dir selber schenken müsstest?
Gemeinsam dürft ihr in achtsamer Kommunikation heraus finden, was ihr möchtet und was ihr euch geben könnt und was nicht geht. Dies bedingt totale Offenheit und auch Toleranz und Mut, wenn sich herausstellt, dass nicht alle Bereiche und Ansichten sich 100%ig überlappen. Es kann ein grosses Geschenk sein, sich dem Gegenüber so zu zeigen oder sie/ihn so zu sehen in ihrem/seinem wahren Selbst.
Vielleicht hast du Angst das Gegenüber zu verletzen mit deinen ausgesprochenen Wünschen. Wenn du es aber nicht machst, verletzt du ganz sicher dich selbst.
So kannst du nach und nach deine Erwartungen aufdecken und auflösen und so viele Ent-Täuschungen ersparen. Mit grosser Dankbarkeit und Wertschätzung darfst du dich an jedem Entgegenkommen erfreuen und deine Partner*In als autonomes und verbundenes Wesen sehen, wie du es selbst auch bist. Dies nimmt viel Druck aus eurer Beziehung.

Vielleicht magst du deine Erfahrungen mit Erwartungen kommentieren?

Herzlich Armin Müller

Ein Gedanke zu „Das Gift der Erwartungen

  1. Lieber Armin,

    Hab vielen Dank für diesen schönen Beitrag. Er hat mich sehr angesprochen . Seit einigen Jahren darf ich erfahren, wie viel leichter es wird, wenn ich für meine eigenen Bedürfnisse in der Sexualität, aber auch sonst im Leben – und auch für alle meine Gefühle! – die volle Verantwortung bei mir lasse. Dann ist es möglich, das Gegenüber wirklich zu sehen in seiner Schönheit.
    Bedürfnisse zu erleben ist grundmenschlich. Wenn daraus fixe Erwartungen werden, wird es kompliziert und anstrengend. Wenn die fixen Erwartungen gar nicht oder unterschwellig kommuniziert werden, wird das Zusammensein fast unmöglich.
    Es ist wunderbar, zusammensein zu können ohne Erwartungen. Weder an sich selbst, noch an den Anderen.
    Alles Liebe
    Monica

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